SideTrack: Go to Myanmar! – Interview mit Investorenlegende Jim Rogers


In der englischsprachigen Welt bekannt wie ein bunter Hund, beginnt nun auch die züchtige deutsche Wirtschaftspresse Jim Rogers als Ein-Mann-Think-Tank zu entdecken, der wie Hans-Werner Sinn, Felix Zulauf, oder Marc Faber Meinungen vertritt, die unabhängig von der derzeitigen Parteilinie, sprich Hyperverschuldung, Gelddrucken, Bail-outs, Euro-schönsprech usw. verlaufen.

Bekannt ist Jim nicht nur für seine illustere Vergangenheit, zum Beispiel seine Zusammenarbeit mit George Soros am Quantum Fund, sondern auch für seine klaren und gewichtigen Einschätzungen zur derzeitigen globalen Macht- und Wirtschaftsdynamik, die eines asiatischen 21. Jahrhunderts, das die USA und Europa auf die Plätze verweist.

Da sich NZ2Go auch für Neuseeland als Investmentdestination interessiert, haben wir Jim danach gefragt, wie er Lage und Entwicklung des Landes einschätzt.

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NZ2Go: Sie sind dafür bekannt Asien als neues wirtschaftliches Epizentrum der Welt zu betrachten, während die USA und Europa Auslaufmodelle sind. Australien, und insbesondere auch Neuseeland, sitzen in dieser Weltsicht zwischen den Stühlen. Einerseits vertreten sie und leiden an den typischen Degenerationserscheinungen reifer westlicher Volkswirtschaften, wie massiver Überschuldung, Immobilienblasen und struktureller Reformunfähigkeit, andererseits beliefern sie Asien mit Rohstoffen. Gehören Australien und Neuseeland damit eher zum absteigenden Westen, oder zum aufsteigenden Osten?

In Jims Auffasssung befinden sich Neuseeland und Australien (oder Kanada, oder Norwegen) noch immer inmitten eines „commodity bull market“, also einem Rohstoffboom. Solange dieser anhält, gehören Australien und Neuseeland zu den besten Investmentadressen. Die Geschichte zeigt allerdings, dass kein Boom ewig anhält, und so wird auch der momentane Bullenmarkt irgendwann in den nächsten 10 Jahren ein Ende finden. Ausschlaggebend für die weitere Entwicklung sei, dass die verantwortlichen Politiker ihre Länder für den unvermeidlichen Abschwung rechtzeitig und ausreichend wappnen.

NZ2Go: Politiker im Westen sind für Zeithorizonte bis zur nächsten oder höchstens übernächsten Wahl bekannt, und dafür, dass die auch in den sieben fetten Jahren nichts für die sieben mageren zur Seite legen.

Zugegeben, das sei ein Problem, das Demokratien an sich haben. Wie Churchill schon gewusst hätte, sei die Demokratie nur das am wenigsten schlimme System. Besser wäre allemal ein aufgeklärter Diktator („enlightened dictator“), jemand vom Schlage Deng Xiao Ping, Lee Kwan Yew, oder auch Bismarck und Maria Theresia, die vieles schlecht und falsch gemacht hätten, aber ihre Länder objektiv voranbrachten. Aber so jemanden müsse man erst einmal finden, denn Macht korrumpiert. Also könne man nicht anders als sich im derzeitigen System zu bewegen, und auf das Beste hoffen. Immerhin sei Neuseeland nicht ein Fall wie der Kongo, rohstoffreich aber so korrupt, dass praktisch nichts von dem Reichtum bei den Menschen ankäme.

NZ2Go: Akzeptieren wir, dass Asien Bedeutung gewinnt, während der Westen relativ an Macht einbüst. Als Aucklander verwundert es dann, dass reiche, oder auch nur halbwegs reiche Asiaten, vor allem Chinesen, zu fast jedem Preis Häuser in Auckland kaufen, um dort ihre Frauen und Kinder in ‚Sicherheit‘ zu bringen, vor befürchteten Unruhen, Instabilität und Krisen im eigenen Land. Wenn nicht einmal die Asiaten an ihr eigenes Wirtschaftwunder glauben, warum sollen wir es dann?

Jim hält die Chinesen, die sich in Auckland einkaufen für kluge und vorausschauende Pragmatiker. Es wäre wie mit einer Versicherung gegen einen Hausbrand. Man reduziert durch das Abschließen der Versicherung sein Risiko, aber das hieße noch lange nicht, dass das Haus auch wirklich abbrennen wird.

Es sei grundsätzlich und definitiv nicht anzuraten sein Vermögen in einem einzigen Land zu konzentrieren. Alle – auch nicht-Chinesen, und insbesondere Deutsche – seien gut beraten ihr Vermögen über Grenzen hinweg zu streuen. Im übrigen gratuliere er seinem Gegenüber dazu in Deutschland und Neuseeland zu operieren, beide Länder hätte er bereist und beide gehören zu seinen Lieblingen auf die er große Stücke hält.

NZ2Go: Das hört man gern. Trotzdem möchte ich beim Immobilieninvestment in Neuseeland nachbohren. Ist es eine gute Idee zu kaufen? In Spanien, den USA, Irland usw. sind die Immobilienblasen schließlich geplatzt und haben so manchen ins Unglück gestürzt. In Australien und Neuseeland sind die Blasen nur milde geschrumpft, aber derzeit wieder am blähen.

Jede Blase platzt irgendwann. Das sei geschichtlich verbrieft, und es gäbe keinerlei Hinweis darauf, dass sich an diesem Gesetz je etwas ändern wird, denn die Menschen die hinter den Blasen stehen ändern sich nicht. Zu meinen „It is different this time“ sei ein gigantischer Irrtum.

Spätestens wenn die Zinsen steigen, oder der Rohstoffboom zu Ende gehe, und die neuseeländischen Politiker nicht weise voraus planen, würde auch die Immobilienblase nachgeben.

Im übrigen fände Jim Investitionen in neuseeländisches Agrarland sinnvoller als in Häuschen mit Garten, wobei auf der Skala der Sicherheit einer Familie auch Letzteres eine gute Idee wäre, vorausgesetzt der Garten gäbe ein wenig Land für Gemüseanbau und Kleinviehhaltung her. Man müsse doch nur nach Russland, oder auch Griechenland schauen, um zu erkennen, wie kurz der Weg von Wohlstand in Armut für viele Menschen sein könne.

NZ2Go: Tatsächlich, platzende Blasen in Neuseeland? Neuseeland ist winzig, es wird von den vier australischen Banken mit billigem Geld geradezu geflutet, und diese Banken beziehen wiederum massenhaft Liquidität von den Gelddruckern in den USA, Europa, Japan. Ist Neuseeland nicht klein genug, um auf immer auf der Bugwelle der Großen mitzureiten?

Nochmal, alle Blasen platzen irgendwann. Auch in Neuseeland. Der Interviewer hätte seine Hausaufgaben machen sollen, und neuseeländische Geschichte besser studieren [Ooops!]. In den 80er und 90er Jahren sei Neuseeland schon einmal in einer Rohstoffbaisse durch sehr schwierige Zeiten gegangen, und das sei sicher nicht das letzte Mal gewesen.

Sogar Länder, die scheinbar so allmächtig seien wie die USA haben immer wieder Krisen durchlebt. Das 19. Jahrhundert war ein britisches. Die USA hätten damals sage und schreibe 15 Depressionen durchgemacht, das Land war gesetzlos und ausgeblutet. Das 20. Jahrhundert gehörte den USA, aber das 21. Jahrhundert sicher nicht mehr den USA, sondern Asien. Als Amerikaner sage er das mit wenig Freude, aber so stelle sich die Realität nun einmal dar.

Die USA wären im Moment das verschuldetste Land der Weltgeschichte. Das könne nicht gut gehen, und die USA würden den Preis dafür bezahlen. Deshalb leben Jim und seine Familie nicht mehr dort, sondern in Singapore.

Genausowenig würden Übertreibungen am neuseeländischen Immobilienmarkt nicht ewig währen. Punkt.

NZ2Go: Das hört sich überzeugend an. Irgendeine Theorie, warum die USA, oder der Westen allgemein ihren Zenith überschritten haben? Was machen die Asiaten besser?

Nicht wirklich. Jim nehme Fakten zur Kennnis, analysiere historische Muster [Anm: er ist schließlich studierter Historiker] und ziehe seine Schlüsse. Die Frage warum Länder und Imperien auf- und wieder absteigen sei zu komplex, und würde nichts zu sinnvollen Investmententscheidungen beitragen.

NZGo: Verstanden. Zum Abschluss, wenn Sie ein halbwegs junger Deutscher wären, gut ausgebildet und mit einigem Elan und Abenteuerlust gesegnet, was wären die Länder ihrer Wahl?

Neuseeland habe wegen des langsam zu Ende gehenden Booms einen Horizont von vielleicht 10 Jahren. Wenn man alt genug ist, oder sich nicht länger binden mag, ist das in Ordnung.

Für wirklich junge, gebildete, fleißige Deustche, die die nächsten 30 oder 40 Jahre ihres Lebens investieren wollen, würde er zum Beispiel Myanmar vorschlagen, oder auch ein paar Länder in Afrika, in denen man mit Mut und Energie etwas bewegen kann.

Deutschland selbst steht im Vergleich zu anderen westlichen Nationen ganz gut da, aber auch Deutschland versinkt langsam aber sicher im Schuldensumpf. Europa als Ganzes wird natürlich auch nicht untergehen, aber seine Dominanz und Lebensstandard wird es deutlich einbüßen.

Die USA stehen völlig außer Frage. Reine Zeitverschwendung. Go to Myanmar!

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NZ2Go bedankt sich bei Jim Rogers für ein sehr interessantes Gespräch.

Für alle, deren Neugier geweckt ist, möchten wir auf Jims neues, ins Deutsche übersetztes Buch „Die Wall Street ist auch nur eine Straße. Lektionen eines Investment-Rebellen“ hinweisen: 256 Seiten, 24,99 €, FinanzBuch Verlag, München 2013.


3 Responses to SideTrack: Go to Myanmar! – Interview mit Investorenlegende Jim Rogers

  1. Stefan sagt:

    Hi Peter,

    ich nehme die Einladung gerne an :-)! Aber in einem Punkt hat er definitiv Unrecht, Deutschland wird es in sagen wir 30 Jahren viel schlechter gehen, guck dir nur mal die Spackos an die sich Politiker nennen! Ich meine, das Volk ist ja auch blöd, damals, 2008 als Wahlen waren, mitten in der Krise hat die FDP von Steuersenkungen gesprochen, in einer Zeit wo die Regierung jeden Cent brauchte, es folglich völlig bescheuert war jetzt Steuersenkungen zu fordern, aber die FDP hat über 15 Prozent bekommen! Oder wenn Kügner wie Peer Steinbrück gefiert werden! Oder der Rössler, wofür soll man so einem Respekt zollen, ausser Politik für Hoteliers und Versicherungen hat seine Partei nix gemacht!
    Zudem, die Kiwis verkaufen Nahrungsmittel und Bildung an Chinesen, die Deutschen bauen in China Fabriken die teilweise modernner sind als in Deutschland, bilden die Chinesen in China noch aus, natürlich auf Deutschem Niveau und die Chinesen kaufen sich ganze Firmen in Deutschland und kaufen das Know how natürlich gleich mit! Ähnlich ist es mit Indien!

    Wollen wir Wetten abschließen wie lange es dauert bis die Chinesen und Inder Produkte verkaufen die Deutsches Niveau und sagen wir Bulgarische Preise haben und Deutschland auf dem Weltmarkt schwer treffen werden?

  2. Stefan sagt:

    Hahahha, der soll ne Legende sein??? Sorry, aber der Mann hat KEINE Ahnung! Ich bin KEIN FAN der US-Politik, aber die USA werden in 40 Jahren einen Standard haben von dem Burma oder Ghana oder Nigeria oder Mali nur träumen können!
    Rogers ist wirklich ein Genie!;-) Dass die Asiaten auch in 40 Jahren noch viel viel mehr Rohstoffe und Lebensmittel die ihnen Neuseeland, Australien und Kanada liefern können, benötigen werden, scheint für Rogers völlig unverständlich zu sein!!
    Klar, jede Blase platzt, aber gibt es in China oder Indien keine Blasen??? Natürlich, sogar massive, aber das wird halt nur selten in westlichen Medien ausgebreitet! Achja, und Burma, hm, die haben etwa 10 Rebellengruppen die alle mehr oder weniger „Frieden“ mit der Regierung haben, aber der Krieg kann schon nächsten Monat zurück kommen, die Rebellen verkaufen viel Drogen, die Kassen sind gut gefüllt und wer will schon in einem Land lebem indem Bürgerkrieg herrscht! Auch in 30 Jahren wird Birma noch mehr wie Afghanistan als wie Hong Kong sein! Ich meine wenn man mal abseits der Haupstädte schaut!

    Um es kurz zu machen, Jim Rogers, hat soviel Ahnung wie W. Bush vom Irak und Fox News von der Welt-nämlich so gut wie gar keine!!!

    Ausser Rogers hat auch kein anderer Wissenschaftler oder Investor so ne Meinung und was ich geschrieben habe sind Fakten, was Rogers von sich gibt ist eher seine seltsame Wahrnehmung der Welt!!

    G-Zero World von Ian Bremmer oder the world in 2050 von Laurence C. Smith sind da schon weitaus realitischer!!

    PS: Respekt dass den Typen zum Interview bekommen hast, einer wie der redet ja auch nicht mit jedem Journalisten!!!

    • Peter sagt:

      Hi Stefan

      Also 2050 lad ich Dich zum Kaffee ein, und dann diskutieren wir wer da Recht hatte 🙂 …

      Jim ist ein Investor, und hat Zeithorizonte. In seinem Alter kaum einen über 10 Jahre weg, aber auch das ist schon fast unmöglich vorherzusahen. In der Tat, wenn es jemand kann, dann dürfte der oder die ausgesorgt haben.

      Ich finde JR trotzdem interessant. Alte Schule, Yale, Oxford und so. In Yale wäre ich um ein Haar selbst gelandet, da fühlt man sich schon fast also co-Alumnus.

      Also bis März 2050, buddy,
      Peter

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