Opinion: Kim Dotcom – My 5 Cents


Wie Pontius Pilatus bei Monty Python hier (frei zitiert) sagen würde, „… a certain sense of daring-do, bravado …“. Wer – wie ich – es in seiner Kindheit immer mit den Indianern gehalten hat, kann nicht umhin, die Chutzpe des dicken Kerls zur Kenntnis zu nehmen und sich ein wenig zu freuen, dass irgendeiner aus dem Nichts das ‚System‘ halbwegs narrt.

Uuund … Herr Dotcom ist ja so eine Art Deutscher (oder Deutsch-Finne, oder so), auch wenn dieser Verräter über seinem neuseeländischen Wohnsitz nur eine finnische Flagge wehen lies. Wer als Deutscher gewohnt ist nur mit dem Dritten Reich, Autos und Bierfest in Verbindung gebracht zu werden, der ist schon fast froh, dass mit Kim Schmitz und seiner deutschen Kohorte mal ein anderes Element des deutschen Wesens in Neuseeland etwas Beachtung findet (ein klein wenig wie es annodazumal vielleicht Graf Luckner geschafft hatte).

Die MegaUpload Seite kenne ich nicht, und habe sie auch nie genutzt. Ich stehe sowieso nicht auf Trashfilme aus Hollywood. Und wie es beim Kräftemessen irgendwelcher Rechteverwertungsgesellschaften mit den Herren Dotcom ethisch und moralisch steht, kann ich auch nicht wirklich kommentieren. Ob und wie illegal das ganze Treiben war, wird sich mit Bestimmtheit bald zeigen.

In meiner Leibgazette, dem New Zealand Herald, ist der Schuldige jedenfalls gefunden: der feiste Schmitz mit seiner unerhörten Lebensart. Zur Sicherheit wurden auch ein paar Filme wie „Lord of the Rings“, also mit Neuseelandbeziehung als bei MegaUpload piratisiert gelistet, damit sich der gemeine Kiwi auch ja geschädigt fühlt.

In der Leibgazette, und inzwischen auch in der deutschen Presselandschaft steht allerdings auch, dass Herr Dotcom seinen Landsitz in Coatesville nördlich von Auckland nicht hatte kaufen dürfen, weil er nicht den neuseeländischen Anforderungen an einen „guten Charakters“ entsprach. Gleichzeitig aber scheint Kim ein Visum oder eine dauernde Aufenthaltsgenehmigung erhalten zu haben, da er sich als „business migrant“ zu Investitionen in Neuseeland von mindestens 10 Millionen NZD verpflichtet hatte. Jeder weiß, dass auch bei der Erteilung von Visas „good character“ ein Erteilungskriterium ist. Wie sich dieser Widerspruch auflösen lässt, werden wir vielleicht noch lernen … in der Zwischenzeit kommt mir das merkwürdig vor. War 10 Millionen sozusagen geschenkt ok, auch ohne guten Charakter, aber wenn ein Haus gekauft werden sollte, das Geld plötzlich zu schmutzig? Ein paar neuseeländische Politiker wundern sich auch gerade, zum Beispiel der berüchtigte Winston Peters, dessen Haltbarkeit mir fast unheimlich ist, denn er krakelte schon 1989 herum, als ich das erste Mal die seeligen Inseln bewohnte.

Daneben finde ich es interessant, dass in Neuseeland offenbar amerikanische FBI-Beamte in dieser Sache unterwegs sind, mit Einverständnis der neuseeländischen Regierung. Ich würde verstehen, wenn Neuseeland Amtshilfe von den USA erbittet, wenn es um einen Kriminalfall geht, der Neuseeland signifikant am Herzen liegt. Dem scheint aber nicht so zu sein. Die Sache ist offenbar vor allem der amerikanischen Medienindustrie ein Anliegen. Also fremde Beamte auf eigenem Hohheitsterritorium agieren lassen, im Interesse eines fremden Staates? Das wäre prinzipiell eher einer Bananenrepublik würdig als Neuseeland.

Man verstehe nicht falsch: ich will Mr Kim nicht in Schutz nehmen. Unsere Autorenoperation hier ist im großen Schema der Dinge winzig – aber auch wir würden uns ärgern, wenn jemand unsere Artikel zusammenkopiert und irgendwo verkauft (zumal wir keinen finanziellen Nutzen aus dem Hobby hier ziehen). Und dann ist Kim Schmitz mit seiner blasierten Art sowieso kein Sympathieträger. Unsereins zerbricht sich den Kopf über ein paar Hundertausend hin oder her um vielleicht mal eine Hütte in Neuseeland kaufen zu können, während die Tunichtgute mit den Millionen im Landsitz nur so prassen.

Trotzdem kommt es mir vor, als würde hier unverhältnismäßig und abgekartet vorgegangen. Während Bonvivant Schmitz mit viel Liebe zum Detail zur Strecke gebracht wird, laufen diejenigen, die zum Beispiel im Moment und schon seit Jahren EU-Verträge (No Bail-out, Unabhängigkeit der EZB, Verbot der Staatsfinanzierung durch die EZB etc.) ganz massiv hintertreiben nicht nur frei herum, sondern lassen sich unbeirrt als Helden des Friedenswerkes Europa feiern, ich meine Leute wie Barroso, Juncker, Draghi, Lagarde, Trichet, Schäuble und wie sie alle heißen. Ganz zu schweigen von Griechenland, dass bekanntermaßen die gesamte EU zum Narren gehalten hat, in dessen Fall aber niemand auf den Gedanken käme, die Verantwortlichen zu belangen. Wenn es ok ist, auf dem Niveau von hunderten von Milliarden zu betrügen … was soll dann das Getue mit Kim Schmitz, der dagegen ein Chorknabe ist? „Moral hazard“, nennt man diesen Effekt, wenn brave Bürger wie ich Zweifel daran bekommen, ob es sich lohnt stets gesetzestreu, ehrlich und gewissenhaft zu sein 🙂 . Ist es vielleicht gar wieder dieser Cavaliere-Effekt, also die Unverschämtheit, dass Schmitz nicht mal so tut als wäre er ‚anständig‘, der ihn jetzt zum „fair game“, zum Freiwild macht?

Hmmm … wenig erbaulich. Mal sehen wie sich Schmitz mit Staranwälten umgibt und gegen seine Auslieferung in die USA kämpft, denn einmal ausgeliefert, würde dort sicher ein Exempel an ihm statuiert werden.

Fortsetzung folgt.


One Response to Opinion: Kim Dotcom – My 5 Cents

  1. Steffen sagt:

    Sehr guter Artikel, Danke

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