Opinion: LH-AI-SQ-NZ-EK-JQ-QF-TG – der NZ2Go Airline Test Teil 2: Singapore Airlines vs. Air NZ


Singapore Airlines und Air New Zealand sind seltsam vergleichbar. Beide können ihren Ursprung (unter anderen Namen) in die 1940er Jahre zurück verfolgen, beide waren damals als Teil britischer Kolonien bzw. „dominions“ noch stark von den Traditionen des Mutterlands geprägt, beide entwickelten sich zu stolzen „flag carriers“, zu nationalen Fluggesellschaften mit hohem Prestige- und Identifikationswert für ihre jungen Nationen.

Beide spiegeln auch die politischen und ökonomischen Systeme ihrer Herkunftsländer wider: hier das ewig lächelnde „Singapore girl„, das als staatseigener Betrieb eigentlich nie in eine Krise geraten kann, da eine Air New Zealand, die sich als privatisierte Airline 2002 in eine Finanzkrise spekulierte („Ansett Australia“ – ich warte immer noch auf die versprochene Auszahlung der Frequent Flyer Punkte 🙁 ), bankrott ging und mit sehr viel Steuergeld gerettet werden musste.

Vor einigen Jahren sah Singapore Airlines mit seinen knackigen Stewardessen, den immer neuen Flugzeugen und dem zur Schau gestellten Selbstbewusstsein einer asiatischen „tiger economy“ wie der sichere Sieger im Vergleich zur altbackenen Air New Zealand aus. Wie sich die Zeiten ändern können …

Singapore Airlines: gut organisiert, schlecht kommuniziert

Zurück zu meinem Flugmarathon, Teil 1 kann man hier nachlesen.

Zeichen und Wunder geschehen sogar im chaotischen Indien. Zur Erinnerung, die schlaue, deutsch-effiziente Lufthansa hatte für meinen Umstieg in Mumbai von Ahmedabad mit Air India kommend zum Anschlussflug nach Singapur (mit Singapore Airlines) ganze 60 Minuten einkalkuliert. Positives Denken prophezeit Folgendes:

  1. der Air India Flug startet ohne Verspätung,
  2. der Air India Flug landet ohne Verspätung und der Taxi zum Terminal geht in ein paar Minuten über das Rollfeld,
  3. in Mumbai kramen sie nicht wieder aus Sicherheitsgründen im Handgepäck herum, weil man ja gerade in Ahmedabad schon gecheckt wurde,
  4. das Gate mit der abfliegenden Singapore Airlines Maschine ist nicht weit vom Gate in dem man angekommen war,
  5. die wissen sowieso, dass ich noch komme und werden zur Not ein paar Minuten warten,
  6. die Singapore Airlines Maschine wird eh verspätet losfliegen, ist ja Indien.

Die Realität war dann doch anders, trotz allem Urvertrauen in die Maya Indiens 🙂 … und zwar …

Der Flug verlies AMD mit etwas Verspätung, aber nicht besonders viel. Ankunft in Mumbai war dann sogar ein paar Minuten früher als geplant. Dann der Schock: der Flieger war eine volle 747 und ich war ganz hinten – das hätte ich wissen müssen und auf einen Platz weiter vorne bestehen (oder hätte die Air India Check-in Dame daran denken sollen?). Inder schleppen Unmengen an Handgepäck mit sich herum und sind sehr langsam, wenn es darum geht das Zeug zusammenzusammeln und endlich aus dem Flieger zu drängeln. Alas, da blieben wenigstens 15 Minuten auf der Strecke. Das andere Problem war, dass das Flugzeug überhaupt nicht zum Gate rollte, sondern nach einem gefühlten ewigen Taxi in einem dunklen Winkel parkte aus dem die Passagiere mit Bussen fortgeschafft wurden.

Noch waren es 30 Minuten bis zum Abflug mit Singapore Airlines. Und deren Abflug war sicher auch verspätet, oder?

Dann also die für Indien auch typische Riesenschlange vor dem – die Leser ahnen es – obligatorischen Sicherheitscheck. In Indien wird diese Prozedur geradezu zelebriert. Man muss Sticker an jedem Stück Handgepäck anbringen und die müssen vom Sicherheitspersonal gestempelt werden, sonst gibt es später Ärger. Immerhin trieb mich der Zeitdruck zum „Transfer Counter“, dem sichersten Weg die Schlange zu überspringen. Dort ein paar verdutzte Gesichter. Wie, mit Singapore Airlines? Das wird aber knapp. Und das Gepäck, naja, mal sehen. Jedenfalls kramten sie eines dieser typisch indischen Bücher in A4-Querformat mit vielen Spalten heraus und notierten akribisch meinen Namen, allerlei anderes und, wichtig, die Nummern der „baggage tags“. Und sie riefen Singapore Airlines an. Man möge auf mich warten.

Das Gate war mittelweit entfernt, auf dem nicht gerade gut ausgeschilderten Mumbaier Flughafen. Singapore Airlines hatte, sehr nett, danke, wirklich gewartet, kündigte aber resolut an das Selbe ganz bestimmt NICHT für mein Gepäck zu tun. Sie würden aber eine Nachricht an „Lost Baggage“ in Auckland senden. Das Gepäck würde mir mit der Maschine am nächsten Morgen hinterhergeflogen.

Hübsche Deckenleuchten am Flughafen Mumbai

Hübsche Deckenleuchten am Flughafen Mumbai

So ganz beruhigen konnte mich das nicht. Warum sollte sich Air New Zealand um das Gepäck scheren, das Air India nicht rechtzeitig an Singapore Airlines übergeben hatte? Kam mir irgendwie nicht plausibel vor. In Singapore nachfragen. Aber dort war der Aufenthalt auch nicht viel länger als 60 Minuten – oh je.

Die anderen Passagiere in der Singapore Airlines Maschine schienen genauso verärgert wie ich, als ich dann als Letzter durch die Gänge lief. Aber was solls, man kann die Situation nicht ändern, jetzt gut essen und schön Filme gucken.

Singapore Airlines: „Asian values“ – ist das mieses Essen und schlechte Hollywoodfilme?

Zunächst ist SQ die einzige Airline, die ich kenne, die statt vernünftigen Kopfhörern diese komischen Ohrstöpsel verteilt. Auf Nachfrage bekommt man aber ein normales Set.

Zweitens funktioniert das Entertainmentsystem noch so richtig archaisch. Mit dem Prügel in der Hand rauf- und runternavigieren, plus ein paar wirklich schlimmer Bugs in der Software, die es zum Bespiel nicht erlaubten einen einmal unterbrochenen Film wieder zu starten.

Drittens besagte „Asian values“. Vor jedem Film gibt es Werbung und in einer davon prahlen ein paar Erfolgs-Singapurer-Plastikmenschen (von einer Bank, glaube ich, ausgerechnet) von ihren dem Rest der Welt überlegenen moralischen Werten. Auf einem internationalen Flug also angewandter Rassismus. Peinlich. Wäre das Lufthansa gäbe es sofort einen Skandal. Aber ärgerlich, mehr als ärgerlich.

Nun ja, dann bleibt noch das Essen. Dafür ist SQ eigentlich — berühmt. Umso größer dann die Enttäuschung. Unansehnliche, verkochte Pampe, die irgendwie gar nichts Gutes an sich hatte. Schade drum. Ich hätte gerne etwas anderes geschrieben.

Und das Singapore Girl?

Ist buchstäblich in der Jahre gekommen. Man reagiert nicht mehr mit der gewohnten demonstrativen Freundlichkeit auf die Passagiere. Nicht Mal die herzzerreißende Geschichte zu meinem verwaisten Gepäck konnte viel Sympathie wecken. Zwar setzte man mich zum Ende des Fluges hin ganz nach vorne, damit ich rechtzeitig über die Sache am Schalter in Singapore reden konnte. Aber der Habitus … die Hilfsbereitschaft wirkte doch reichlich künstlich.

Deutsches Hexenhäuschen am Flughafen Singapur

Deutsches Hexenhäuschen am Flughafen Singapur

Noch schlimmer die Singapore Girls am Schalter in SIN. Jaja, in Auckland würde man sich kümmern um das Gepäck. Ich musste mehrfach nachfragen, wie sie sich dessen so sicher sein könnten, bis es eine ebenfalls reichlich genervte Erklärung gab – die sogar interessant ist. Es ist nämlich egal, dass auf den „baggage tags“ das Logo einer Airline gedruckt ist. Das Gepäck wird für alle Airlines von irgendeiner globalen Organisation abgewickelt. Insofern muss man sich wohl wirklich keine Gedanken darum machen, dass die Airlines untereinander keine Daten zum Gepäck austauschen, oder gar zum Schluß ‚hat eine andere Airline verloren‘ sagen.

Tolles Label, echte Handarbeit

Tolles Label, echte Handarbeit

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Der Artikel wird nun doch so lang, dass kaum jemand bis Air New Zealand, das jetzt sein Fett wegkriegen sollte, lesen würde. Brechen wir für heute ab und geben Singapore Airline zwei von fünf denkwürdigen Punkten. Die alte Dame ist schlampig geworden. Vielleicht konzentriert man sich auch bei SQ inzwischen aufs Buchhalterische, auf Deals mit anderen Airlines, auf  😎  „Asian value“ Geschwätz. SQ hat lange von seinem Mythos unübertroffenen Services gelebt. Das lässt sich meiner Meinung nicht mehr halten. Ein Flug mit SQ ist einfach mittelmäßig. Trotzdem: das Gepäck haben sie tatsächlich im nächsten Flieger von Indien nach Neuseeland geschafft. Was Logistikprozesse betrifft sind sie immer noch zuverlässig.

Übrigens, der Flughafen Singapore ist abwechslungsreich gestaltet und ein wohltuender Kontrast zu der kalten Granit- und Stahlhalle in Frankfurt. Wenigstens der Aufenthalt dort ist noch immer ein kleines Erlebnis.

NZ2Go-Rating: 2 von 5 Punkten 

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2 Responses to Opinion: LH-AI-SQ-NZ-EK-JQ-QF-TG – der NZ2Go Airline Test Teil 2: Singapore Airlines vs. Air NZ

  1. Henning sagt:

    „Teil 1 kann man hier nachlesen“ – da fehlt der Link, oder? 😉

    Das mit Singapore Airlines bestürzt mich doch etwas, das Beratungsunternehmen Skytrax hat die nämlich als eine von nur sechs Fluggesellschaften weltweit mit 5 Sternen ausgezeichnet – da kann man mal wieder sehen, was von solchen Firmen und derartigen Analysen zu erwarten ist. Ich persönlich bin mit Quantas nach Neuseeland gekommen und das war ebenfalls unter’m Durchschnitt (insbesondere das Essen auf dem Hinflug – einfach eklig), daher bin ich auf deinen Quantas-Bericht gespannt (und all die anderen!

    • Peter sagt:

      Stimmt, danke!

      Meine Bewertungen basieren auf meinen eigenen Flügen und Erfahrungen mit den Airlines und stellen damit keine gute ‚Statistik‘ dar. Das tun individuelle Tests aber auch nie, denn ich kann ja schlecht das gesamte SQ Streckennetz zu verschiednen Zeiten abfliegen 🙂 (eigentlich keine schlechte Idee) … Der SQ Flug von SIN nach Paris oder New York, Vorzeigeflüge, sind vielleicht/wahrscheinlich besser. Durchgängig gute Qualität kenne ich nur von ??? … hahaha, da musst Du wirklich die kommenden Folgen nachlesen!

      Grüße aus dem Wilden Westen nach BOP,
      Peter

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