SideTrack: Das Kreuz des südlichen Lobbyismus


Eigentlich kann man vermuten, dass die deutsche Botschaft in Wellington deutsche Interessen in Neuseeland vertritt, denn so definiert sich die traditionelle Rolle der Botschaft eines Landes. Vielleicht tut sie das, auf ihre eigene Art und Weise, auch. Schwer zu wissen, denn auf den Seiten der deutschen Botschaft findet sich nichts Konkretes dazu. Man sucht vergeblich nach einer Liste von bilateralen Themen die von den hochbezahlten deutschen Diplomaten vor Ort im Sinne Deutschlands, ich meine der Bürger Deutschlands, voran getrieben werden. Probleme gäbe es ja genug, zum Beispiel:

  • Die beiden Länder haben anno 2015 noch immer kein Sozialversicherungsabkommen vereinbart, ein Missstand auf den wir schon öfter hingewiesen haben und der Menschen mit deutschen Rentenansprüchen in Neuseeland bares Geld kostet
  • Viele deutsche Rentner erkundigen sich bei NZ2Go über die Möglichkeit einen Teil ihres Lebensabends in Neuseeland zu verbringen, müssen aber feststellen, dass ihnen die neuseeländischen Visabestimmungen die Tür fest verschließen – macht das Sinn?
  • Eher ein Randphänomen, aber trotzdem ärgerlich: wie kann es sein, dass es seit Jahren einen EU-Führerschein in Standardformat gibt, die neuseeländischen Behörden aber einen britischen oder irischen EU-Führerschein als Fahrerlaubnis anerkennen, den deutschen Führerschein in identischem Format allerdings nicht.

Dass diesen Dingen am ganz großen politischen Rad, das Frau Dr. Merkel gerne zu bewegen meint, kein hoher Stellenwert zukommt, mag man freilich verstehen. Sie hat klar Wichtigeres zu tun, wie seit fünf Jahren erfolglos die Insolvenz der globalen Schuldensupermacht Griechenland mit deutschen Steuermilliarden zu vertuschen. Muss diese Frau allerdings bei einem seltenen Kanzlerbesuch in Neuseeland auch noch herumerzählen, dass es zwischen Deutschland und Neuseeland keine substantiellen Gesprächsthemen gäbe und so alles eventuell bei Neuseeland vorhandene Problembewusstsein präventiv untergraben? Das ist fast so intelligent wie schon vor Verhandlungen mit Griechenland zu konstatieren, dass es keinesfalls einen Grexit geben dürfe. Was denkt sich diese Frau eigentlich dabei die Belange in Neuseeland lebender Deutscher bei einem Besuch in Neuseeland nicht einmal zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn zu vertreten?

Und warum gibt die von Merkel bestellte deutsche Botschafterin in Neuseeland, Frau Dr. Anne-Marie Schleich, ein Interview, bei dem alles für in Neuseeland lebende Deutsche Relevante ungesagt bleibt? Nur der Merkeltenor wurde bei dieser Gelegenheit abgesungen, also die Litanei der üblichen neo-sozialistischen Kampfthemen, die rein zufällig immer mit dem Fließen deutscher Gelder verbunden sind: Klimaschutz, Menschenrechte, Entwicklungshilfe, Austauschabenteuerreisen für Schüler, Studenten und Akademiker. Das ist mager.

Also nehmen wir, ein Blog, uns seit geraumer Zeit der Themen jenseits des Merkelschen Elfenbeinturms ehrenamtlich an 🙂 … Und – Grund für diesen Artikel – es gibt für unsere Mühen zum ersten Mal Fortschritte zu berichten.

Zum Sozialversicherungsabkommen sind wir vorerst auf Grund gelaufen. Die deutsche Seite bezichtigt die neuseeländische mangelnder Kooperation, wie haben berichtet, gerät allerdings nicht in den Verdacht sich selbst zu sehr zu engagieren. Deutsche Stellen sind sich nicht einmal sicher, ob der Vorgänger von Frau Dr. Schleich tatsächlich mit den neuseeländischen Behörden über ein Sozialversicherungsabkommen gesprochen hat, oder nicht. Die neuseeländischen Politiker andererseits haben uns detaillierte Modellrechnungen geschickt, die beweisen sollen, dass die derzeitige steuerliche Handhabung in Neuseeland ausgezahlter deutscher Sozialversicherungsrenten fair sei. Deutsche Politiker und Behörden sind bislang zu bequem diese Behauptung zu entkräften.

Was Auswanderung oder wenigstens eine angemessen offene Visakategorie für deutsche Rentner in Neuseeland angeht, ist es offizielle neuseeländische Sicht, dass es keinen Handlungsbedarf gäbe, trotz inzwischen vieler tausend Anfragen bei uns und der Tatsache, dass die existierenden Visakategorien wohl eher für chinesische Millionäre geschrieben wurden, als für gutsituierte (aber nicht schwerreiche) deutsche Rentner, denn letztere haben seit Jahren keinen einzigen erfolgreichen Antrag gestellt. Dabei wäre eine Öffnung für deutsche Rentner mit genügend Finanzkraft ein offenbarer Win-Win: in Neuseeland würde Geld umgesetzt und deutsche Rentner könnten eine freiere Lebensgestaltung genießen. Unnötig zu erwähnen, dass sich das offizielle Deutschland unseres Wissen keinen Deut um dieses Thema bemüht. Der Bürgermeister von Auckland, Len Brown, hat sich während eines Gesprächs mit uns allerdings interessiert gezeigt frisches Geld in die Stadt zu bringen. Wir werden mit stetem Tropfen am Thema bleiben.

Der Streif am Horizont ist einer unserer Lieblinge, der dämliche internationale Führerschein im Zeitalter eines standardisierten EU-Führerscheins, der deutsche und englische Führerscheine völlig analog darstellt. Während Letzterer problemlos von Behörden in Neuseeland akzeptiert wird, gilt der deutsche nur zusammen mit einem internationalen Führerschein oder einer Übersetzung. Nach einer erfolglosen Anfrage bei der „Delegation of the European Union to Australia and New Zealand“, die nicht zu verstehen schien worum es ging, und ein wenig Pingpong mit dem neuseeländischen („Associate“) Verkehrsminister Craig Foss ist der Stand der Dinge, dass das neuseeländische Verkehrsressort tatsächlich zustimmt, dass die Situation im Moment nicht optimal ist und zusammen mit Polizeiminister Michael Woodhouse nach einer besseren Lösung suchen will. Es geht letztlich nur darum neuseeländische Landpolizisten nicht dadurch zu überfordern, dass sie zu viele verschiedene ausländische Führerscheinformate kennen müssen.

Craig Foss‘ Zusage sich um die Sache zu kümmern hört sich vielleicht nach wenig an, aber den guten Willen schätzen wir. Schließlich gibt es von neuseeländischer Seite keinen zwingenden Grund sich mit den Wünschen deutscher Einwanderer oder Besucher auseinanderzusetzen, denn die inhuman-indifferente Merkelrepublik würde nach Lage der Dinge keinen Finger zum Nutzen Deutscher krumm machen.

***

Warum wir uns das überhaupt antun? Wir betrachten es als neuseeländisch-deutsche Bürgerpflicht, wir verabscheuen den generellen Mangel an Unterstützung für ältere Menschen in westlichen Gesellschaften, und wir haben eigentlich auch Spass daran uns mit neuseeländischen Politikern auseinanderzusetzen – da sind ein paar echte Charaktere dabei  😮 , und wenn nur als Kontrastprogramm zur deutschen Nomenklatura mit ihrer allzuoft unerträglichen Mischung aus Arroganz und Unfähigkeit.


2 Responses to SideTrack: Das Kreuz des südlichen Lobbyismus

  1. Horst sagt:

    Peter, mit Deiner Kritik an der nichtexistenten Unterstützung der deutschen Regierung liegst Du sicherlich richtig. Die Frage was deutsche Diplomaten eigentlich so machen außer Coctails zu saufen und Fingerfood zu vertilgen liegt auf der Hand.

    Aber welche Gründe sollte die neuseeländische Regierung haben deutsche Rentner aufzunehmen? Die von Dir genannten chinesischen Millionäre haben gut gefüllte Offshorekonten, die deutschen Rentner lediglich ein wages Zahlungsversprechen einer durch und durch unseriösen und zunehmend auch offen kriminellen Vereinigung mit einem Fable für Insolvenzverschleppungen. Warum sollten die Kiwis sich Schiffladungungen voller Sozialfälle ans Bein binden? Warum Unmengen an Menschen importieren deren phantasievolles Staatsverständnis nicht mit der neuseeländischen Realität in Einklang zu bringen ist?

    Gruß
    Horst

    • Peter sagt:

      Hi Horst

      Solche Eventualitäten muss man per Visabestimmungen eben gesetzlich abfangen d.h. dass deutsche Rentner, die letztlich wirklich nicht für sich selbst aufkommen können wieder nach Deutschland zurück müssen – obwohl das aus menschlicher Sicht natürlich auch ziemlich harsch werden könnte. Viele deutsche Rentner in Spanien kehren aber auch freiwillig nach D zurück, wenn es mit der Gesundheit bergab geht und sie sich in Spanien mit den Ärzten nicht mal richtig unterhalten können.

      Jedenfalls gibt es – nach Leserschaft meiner Artikel zum Thema zu urteilen – zehntausende deutsche Rentner, die wollen, aber nicht dürfen, weil es keine passende Visaklasse gibt. Viele haben mehr als genug Geld, aber zum Millionär reicht es nicht. Eine Mischlösung wäre auch denkbar, z.B ein Visum das 6 Monate NZ, 6 Monate D, immer Sommer, sowas, zuließe. Neuseeland ist wahrlich nicht mit zu vielen Geschäftsmodellen verwöhnt. Sich als „Rentnerdienstleister“ mit halbwegs Erstweltstandard plus hübsche Natur und etwas Südseexotik zu etablieren wäre m.E. nicht die schlechteste Geschäftsidee.

      Gruß, Peter

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