FactSheet: Neues zum neuseeländischen Rentenproblem


Man erinnere sich an einen früheren Artikel, der erklärte in welcher Zwickmühle sich Bezieher deutscher Renten wieder finden, die dauerhaft in Neuseeland leben: die deutsche Rente wird auf die neuseeländische voll (also vor Steuern) angerechnet, der deutsche Fiskus greift aber beherzt zu, so dass die Landsleute in Neuseeland nach Steuern oft schlechter dastehen als wenn sie gar keine deutsche Rente beziehen würden.

Absurd, ungerecht und sicherlich auch unnötig, wenn die Behörden beider Länder Lust hätten dieses Problem endlich umfassend zu lösen. Dafür gibt es leider keinerlei Anzeichen.

Deutsche Behörden sehen das Problem in Neuseeland, neuseeländische Behörden zeigen mit dem Finger nach Deutschland. Anfragen, ob sich jemand der Gesamtthematik annehmen könnte, mit dem Ziel einer Neuregelung im Sinn guten „policy making“ werden mit dem weltweiten Behördenritual abgeklatscht: zwei oder drei Mal auf Fragen antworten, die nicht gestellt wurden. Danach behaupten die Sache wäre nun schon mehrfach bearbeitet, d.h „NFA = no further action“.

Klage oder Petitionen einreichen kann ich nicht, da ich selbst nicht betroffen bin.

Trotzdem hier noch zwei Bits an Information, die eventuell hilfreich sein könnten.

1. Verzicht auf die deutsche Sozialversicherungsrente. Dazu liegt mir ein Schreiben des deutschen Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vor. Aus dem geht hervor:

‚… Der Verzicht auf Sozialleistungen ist in §46 Erstes Buch Sozialgesetzbuch geregelt. Ein Verzicht auf Sozialleistungen ist grundsätzlich möglich. Er muss durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger erfolgen. Der Verzicht kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. …‘

Ich betreibe hier ausdrücklich keine Rentenberatung, aber zusammen mit den Umständen, die im SOS Behördendschungel Artikel beschrieben wurden, kann das für einige eventuell eine zeitweilige Lösungsidee darstellen. Natürlich nicht ohne vorherige professionelle Beratung.

2. Besteuerung fiktiver Einkommen. Wenn die Leserschaft nun denkt, dass Punkt 1 irgendwie krank sei, ich meine als der bislang einzige von deutscher Politik und Behörden vorgeschlagene ‚Lösungsansatz‘, dann werdet ihr sicher die folgende Verrücktheit der neuseeländischen Steuerbehörden zu schätzen wissen: Besteuerung von ‚Einkommen‘, auf das ihr gar keinen Zugriff habt!

Terry Baucher erklärt das quälend lang im interest-Finanzblog, aber ganz abgesehen von den logischen Verwerfungen, die sich ergeben, wenn ihr erst einmal in Neuseeland sitzt und irgendwelche nicht-neuseeländischen Renten transferiert oder bezieht, scheint (!) es ebenso Fakt zu sein, dass man schon lange vorher auf rein theoretische, nicht zugreifbare Papiergewinne besteuert wird.

Wenn zum Beispiel eine deutsche Kapitallebensversicherung (die viele Deutsche anscheinend immer noch besitzen) in einem Jahr Gewinne erzielt hat und das in den individuellen Rentenkapitaltopf fließt, dann will das neuseeländische Finanzamt darauf Steuern erheben, auch wenn ihr bis zum Auslaufen der Versicherung kein Geld in die Hand bekommt.

***

Tja, die Globalisierung. Schönes Thema für Sonntagsreden, aber wenn es darum geht Gesetze so zu fassen, dass sie der Globalisierung Rechnung tragen, dann passiert nichts. Und bei einer Weltbürgerin wie Angela Merkel schon zweimal nichts.

Umgekehrt ist es natürlich auch ein Jammer, dass im Ausland lebende Deutsche von all dem keine Notiz nehmen bis die Probleme zu Hause eingeschlagen sind. Alle vier Jahre könnten Millionen Auslandsdeutsche ihre Wahlstimme einbringen und so auf zeitgemäße Reformen hinwirken. Nur passiert es nicht. Die Weltpolitikerin aus der Uckermark freut es!

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6 Responses to FactSheet: Neues zum neuseeländischen Rentenproblem

  1. Anna sagt:

    Hallo, dieser Artikel ist von 2013. Hat sich seit dem irgendetwas veraendert/verbesert?
    Danke Anna

  2. Rudi sagt:

    Hallo

    Ich kann verstehen dass Deutschland die an deutsche gezahlte Rente genauso besteuert wie in Deutschland lebende. Was ich nicht verstehe das NZ die deutsche Rente der NZ Einheitsrente gleichstellt. Die in Deutschland erworbenen Rentenansprueche sind individuelle Ansprueche, selbst finanziert. Mehr dem „Kiwisaver“ vergleichbar. Die Bezuege vom Kiwisaver werden der NZ Rente nicht angerechnet. Man muesste darauf hinwirken dass beide Bezuege gleichmaessig behandelt werden. Dass heisst wenn die deutsche Rente angerechnet wird, dann sollte auch die Bezuege aus Kiwisaver angerechnet werden.

    Oder irre ich hier?

    Gruesse

    Rudi

  3. Müller sagt:

    Hallo,
    mein Vorschlag: Schildert das Problem/die Situation dem Bundesfinanzministerium in Berlin. Diese sind für das Doppelbesteuerungsabkommen zuständig. Und dieses ist sehr alt, könnte also demnächst überarbeitet werden. Und wenn die Leute in Berlin keine Probleme mitbekommen, wird sich sicher auch nichts ändern. Also Mails an:

    poststelle@bmf.bund.de

    Viele Grüße
    Müller

    • Peter sagt:

      Hallo Müller

      Gute Idee und ist bereits vor Monaten geschehen. Antwort war, dass das Bundesfinanzministerium keine Probleme und keinen Handlungsbedarf sieht. Die Neuseeländer seien Schuld. Ende der Debatte. Basta. Weitere Schreiben blieben unbeantwortet. Auch das Einschalten eines Bundestagsabgeordneten nützte nichts.

      Wie gesagt, ich sehe bei deutschen Behörden keinerlei Willen auf die ungerechte Situation, in der sich deutsche Rentenbezieher in Neuseeland befinden in irgendeiner Weise zu reagieren. Denen sind ihre eigenen Bürger im wesentlichen egal.

      Wenn das Bundesfinanzministerium das Problem lösen WOLLTE, dann würden wahrscheinlich ein paar Anrufe in Wellington reichen. Deutschland ist ein wichtiger Handelspartner Neuseelands und Neuseeland würde wegen ein paar deutschen Rentnern die Beziehungen nicht belasten. Fakt ist aber – und das wissen die Kiwis – dass sich die deutsche Regierung in keiner Weise um die Belange seiner im Ausland lebenden Landsleute kümmert. Deutschland kassiert Steuern ein und damit hat sich das erledigt. An Arroganz nicht zu überbieten und eines (angeblich) modernen europäischen Staats unwürdig.

      Traurige Situation. Aber wo kein Wille ist, ist auch kein Weg. Es müsste sich jemand, oder ein paar deutsche Rentner in NZ finden, die zB vor der deutschen Botschaft demonstrieren. Öffentlichkeitswirksam. Einfach nur auf die Vernunft oder den Anstand der deutschen Regierung zu warten ist sinnlos.

      Gruß,
      Peter

      • Müller sagt:

        Hallo Peter,
        aber liegt das Problem nicht bei Euch in NZL ?

        So liest es sich jedenfalls hier:
        http://www.berliner-zeitung.de/archiv/wer-nach-neuseeland-auswandert–muss-damit-rechnen–dass-der-staat-dort-seine-altersbezuege-deutlich-kuerzt-die-rente-ist-nicht-sicher,10810590,10704280.html

        Im umgekehrten Fall, dass ein Sozialleistungen Beziehender (z.B. Hartz IV) Renten aus dem Ausland bezieht, werden diese in Deutschland ebenfalls angerechnet und der entsprechend geminderte Betrag ausbezahlt.

        Könnte das Problem auch darin liegen, dass diese Vorgehensweise der NZL-Verwaltung/Regierung nicht hinreichend bekannt ist/war und daher keine private Zusatzvorsorge getroffen wurde ?

        Ich weiß, dies hilf den Betroffenen nichts, könnte jedoch den Unmut ein wenig kanalisieren.

        Viele Grüße

        Müller

        • Peter sagt:

          Hi Müller

          Super, dass Du den BZ Artikel hier zugänglich machst. Danke! Es gab auch zwischen Großbritannien und Neuseeland wegen der Rentenanrechnung jahrelang Streit. Ich weiß nicht, wo diese Sache im Moment steht. Ich glaube man wurde sich irgendwie einig.

          Zu so einer Situation tragen natürlich immer zwei Seiten bei. Die Neuseeländer benehmen sich auch nicht gerade fair und problemlösend. Trotzdem: die meisten Neuseeland-Deutschen sind immer noch deutsche Staatsangehörige und man sollte erwarten, dass sie von ihrer eigenen Regierung irgendeine Art von Unterstützung erhalten. Und wenn nur, dass Druck auf die neuseeländische Regierung ausgeübt wird oder endlich dieses längst überfällige Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen.

          Ja, die meisten Deutschen in Neuseeland beschäftigen sich mit dem Thema nicht bevor es sie unmittelbar betrifft – und dann ist es halt spät. U.a deshalb schreibe ich hier darüber, um die Leute vorzuwarnen, dass sie sich kümmern müssen.

          Wenn Dir noch was einfällt, lass wissen. Irgendjemand (deutsche oder neuseeländische Behörden / Politiker) müsste die Sache insgesamt in die Hand nehmen. Im Moment schauen alle nur auf ihren unmittelbaren Verantwortungsbereich und ignorieren den vernetzten Charakter des Problems. So lässt es sich aber nicht lösen.

          Gruß,
          Peter

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