FactSheet: Neuseeländisches Banken Einmaleins – Der „Kiwisaver“


Im Artikel zur Altersvorsorge wurde das Thema „Kiwisaver“ schon kurz angerissen. Inzwischen haben sich die Regeln aber wieder geändert und innerhalb der Reihe zum ‚Banking in Neuseeland‘, also

gehört es sich dieses Finanzinstrument genauer zu durchleuchten. Trotzdem, wer nur einen wirklich minimalistischen Überblick haben möchte, dem wird der alte Beitrag sicher genügen.

Für die anderen sei Folgendes geschrieben.

Funktioniert prinzipiell wie die ‚Riesterrente‘ …

Ähnlich wie der Riesterrente in Deutschland können nicht nur Banken, sondern auch andere Finanz- und Versicherungsinstitute Kiwisaver-Produkte anbieten, bei denen über verschiedene Geldanlagen (auch Aktien-, oder Immobilienfonds) staatlich unterstützt für das Alter angespart wird. Wie Riestern ist Kiwisavern nicht verpflichtend, jedenfalls noch nicht. Anders als Riestern, müssen die Arbeitgeber ebenfalls in den Spartopf einzahlen.

… ist aber transparenter als Riestersparen

Die Deutschen verlassen sich gerne auf das Gute in der Banken- und Versicherungswelt, wenn es um Kapitallebensversicherungen, Riesterverträge und Ähnliches geht bei denen selten klar ist, wieviel vom Eingezahlten z.B. für Provisionen, die Verwaltung und die Mühen der Fondsmanager abgezogen wird. Kiwis sind weniger vertrauensvoll bzw. haben einen gesetzlichen Anspruch darauf über die Verwaltungs- und Managementkosten, die zeitliche Entwicklung der Sparanlage usw. informiert zu werden. Viele Finanzportale bieten auch Ranglisten der Wertentwicklung verschiedener Produkte an, siehe unten.

Einteilung in Risikoprofile

Hier erkennt man leicht das australische „Superannuation“ System wieder. Kiwisaver werden als „conservative“, „moderate“, „balanced“,  „growth“ und „aggressive“ unterschieden (oder in ähnlicher Nomenklatur, meistens aber fünfstufig), wobei natürlich zu beachten ist, dass in unserer post-finanz-stabilen Welt auch „conservative“ Anlageprodukte ein gewisses Ausfallrisiko tragen, da sie oft auf Staatsanleihen basieren.

Was ist ein Defaultfonds?

Das sind die fünf von der Regierung besonders genau beaufsichtigten Fonds, aus denen viele Arbeitgeber, der ihren Angestellten einen Kiwisaver anbieten, anfangs einen oder mehrere aussuchen, sozusagen als Startfonds. An diesen Fonds ist sonst nichts Besonderes und viele Kiwis ändern ihn sofort zu einem Fonds der eigenen Wahl.

Im Moment betreiben die folgenden Finanzfirmen die Defaultfonds: AMP, ASB, ANZ, Mercer und Fisher.

Wie geht es ganz praktisch?

Der Kiwisaver kommt zu Euch, ihr müsst meistens nichts tun. Am ersten Arbeitstag bei einem neuseeländischen Arbeitgeber bekommt ihr ein Papier, auf dem beschrieben ist welchem Defaultfonds ihr zugeteilt seid. Wo schon gesagt, könnt ihr so ziemlich sofort aus diesem Fonds wechseln. Leider tun das viele nicht, weil sie zu bequem sind sich einen anderen Fonds mit höherer Rendite auszusuchen. Allein von dieser Trägheit profitieren die Anbieter der „default schemes“ nicht wenig.

Als nächstes müsst ihr euch überlegen, ob ihr überhaupt beim Kiwisaver mitmachen wollt, und wenn Ja, mit welchem regelmäßigen Beitrag. Der „opt-out„, also die Entscheidung überhaupt nicht bei Kiwisaver mitzumachen, könnt ihr treffen sobald ihr bei einem neuen Arbeitgeber mindestens zwei und höchstens acht Wochen beschäftigt wart. Eure Beiträge der ersten zwei Wochen werden Euch erstattet.

Falls ihr im Kiwisaver bleibt, könnt ihr Euch entscheiden entweder 3%, 4% oder 8% des jährlichen Bruttoeinkommens einzuzahlen.

Auch nicht-abhängig Beschäftigte können freiwillig Kiwisaver-Fonds beitreten, kommen aber nicht in den Genuss staatlicher Vergünstigungen. Außerdem muss nicht jeder Arbeitgeber einen Kiwisaver im Altersvorsorgeprogramm haben. Statt dessen sind auch firmeneigene Regelungen erlaubt, die von den Behörden genehmigt wurden.

Wieviel zahlen Arbeitgeber und Staat?

Egal ob ihr 3,4 oder 8% abführt, muss der Arbeitgeber immer nur 3% zahlen (obwohl es auch Arbeitgeber gibt, die freiwillig mehr beisteuern). Der Staat gibt Euch 1000 NZD sobald ihr das erste Mal einen Kiwisaver abschließt und räumt bei der Steuererklärung einen Freibetrag („member tax credit“ genannt) von ein paar hundert Dollar jährlich ein. Übrigens kommen die 1000 Dollar vom Finanzamt, dem IRD, nicht irgendeinem speziellen Rentenamt.

Wie kann man aus dem Kiwisaver wieder raus?

In einer ganzen Reihe von Situationen:

  • Ihr verlasst Neuseeland für immer
  • Ihr kauft euer erstes Haus in Neuseeland
  • Ihr seid mehr oder weniger mittellos, todkrank etc. und auf das Geld dringend angewiesen
  • Ihr seid 65 oder älter

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Außerdem könnt ihr die Beiträge auch einfach zeitweise stoppen, also einen „contribution holiday“ einlegen, wenn ihr für etwas anderes spart, oder so. Dafür müsst ihr mindestens 12 Monate Beiträge gezahlt haben, und die ‚Beitragsferien‘ können zwischen 3 Monaten und 5 Jahren dauern.

Wo gibt es einen schnellen Überblick über die Renditen die Kiwisaver generieren?

An etlichen Stellen. Bei interest gibt es zum Beispiel eine übersichtliche Liste. Sorted.org.nz stellt auch sehr viel nützliche Information zur Verfügung, wie natürlich auch die neuseeländische Verwaltung, die das Programm betreibt.

Lohnt sich das Ganze?

Viele nehmen das Geld, vor allem die 1000 Dollar Anfangsgeschenk gerne mit und machen damit irgendwann eine Anzahlung aus das erste Häuschen, denn als Altersvorsorge wird Kiwisaver für die Mehrheit zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben sein.

Bei einem Durchschnittseinkommen von etwa 40.000 NZD pro Jahr und, sagen wir, 4% Beitrag, sammeln sich nominal in 30 Jahren etwa 80.000 Dollar an. Wenn man Glück mit dem Fonds hat und er gute und konsistente Wachstumsraten von sagen wir 5% pro Jahr aufweist, dann kann man nach Steuern auf grob 300.000 Dollar Auszahlung hoffen. Die bekommt man (Stand der Gesetze heute) auf einen Schlag (eine sogenannte „lump-sum„). Wenn nichts dazwischen kommt reicht einem das 10 oder 15 Jahre. Vorausgesetzt es gibt keine Phasen der Arbeitslosigkeit, man wird im Alter nicht schwer krank, die Inflation frisst nicht zuviel auf usw. Und vorausgesetzt es gibt zwischenzeitlich keine größeren Finanzkrisen.

Viele Kiwis sehen den Kiwisaver etwas zynisch als ein Mittel der Regierung sich später Sozialleistungen zu sparen und sie wollen ihn deshalb vorher schon fürs erste Haus verfeuern.

Fraglich ist allerdings, ob sich die Regierung in 20 oder 30 Jahren überhaupt noch die hohen, nicht beitrags- sondern steuerfinanzierten Renten („superannuation“) wird leisten können und wollen. Das weiß offenbar niemand.

Obwohl das Kiwisaver-Programm auf den ersten Blick einfach aussieht und ein bischen geschenktes Geld bedeutet, ist es – siehe oben – im Detail doch sehr komplex und wirr (obwohl ich nicht einmal wirklich ins letzte Detail gegangen bin) und die langfristigen Ergebnisse sind fragwürdig. Als Anschubfinanzierung für ein Haus ist es allerdings sicher zu gebrauchen. Mit ihrer Bauernschläue liegen die Kiwis also m.E. ziemlich richtig.

Brauche ich Beratung?

Das müsst ihr natürlich selbst wissen. Die meisten Kiwis kapieren den Kiwisaver auch ohne große Erklärung (obwohl ein just heute erschienener Artikel im NZ Herald irgendwie auch wieder zweifeln lässt) und das Geld – u.a. wegen der möglichen ‚Beitragsferien‘, oder den ’natürlichen‘ Unterbrechungen, falls man Arbeitgeber wechselt – wie auch die Verpflichtungen, die mit Kiwisaver einhergehen sind begrenzt.

Hütet euch jedenfalls davor von diversen Beratern ‚durchgereicht‘ zu werden. D.h der Einwanderungsberater schickt Euch zum Versicherungsberater, der Versicherungsberater zum Immobilienmakler usw. Steckt die Beraterhonorare dann doch lieber in den Kiwisaver 😉

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