Taonga: Working Holiday in Neuseeland anno 1859


Hört sich allemal weniger spröde an, als „Ferdinand von Hochstetter (1829 – 84), Vater der neuseeländischen Geologie“, obwohl ihm dieser Titel in Neuseeland fast liebevoll zuerkannt wird. In seiner Heimat in Deutschland und Österreich praktisch vergessen, genießt unser Landsmann mit Esslinger Wurzeln in Neuseeland noch immer höchstes Ansehen.

Mit den Scharen der deutschen Working Holidaymaker von heute verbindet Hochstetter seine relative Jugend und sein kurzer Aufenthalt in Neuseeland. Hochstetter reiste als Geologe an Bord der k.u.k. SMS Novara (ja, es gab mal eine österreichische Hochseeflotte) Expedition und erreichte am 22.12.1858 Auckland wo er auf Drängen der Provinzregierung die Kohlelagerstätte in Drury (Richtung Hamilton) untersuchte. Das Unternehmen war ein voller Erfolg und die Regierung über die Qualität der Arbeit so erfreut, dass sie Hochstetter kurzerhand anbot in ihrem Auftrag eine längere geologische Erkundungsreise durch den Raum Auckland, das Waikato (zentrale Nordinsel) und Nelson zu unternehmen. Als die Novara am 8. Januar 1859 von Auckland nach Tahiti weiter segelte, blieb Hochstetter zurück und unternahm bis zu seiner endgültigen Abreise am 2. Oktober 1859 ausgedehnte Feldreisen.

Hochstetter 1859: Das Vulkanfeld von Auckland

Hochstetter 1859: Das Vulkanfeld von Auckland

Te Ara, die virtuelle Enzyklopädie Neuseeland schildert detailliert die Verdienste Hochstetters während seiner neuseeländischen Monate, u.a. die Beschreibung der Taupo-Verwerfung und die Kartierung des Auckland Vulkanfelds, würdigt aber vor allem, dass

„… Hochstetter was the first to describe and interpret many features of New Zealand geology. He established a tradition of systematic geological mapping. …“

Hochstetter die geologische Erfassung Neuseelands professionalisierte und damit der modernen Erschließung Neuseelands einen unschätzbaren Dienst erwies. Durch die on-the-job ‚Ausbildung‘ des (ebenfalls deutschen) Expeditionsbegleiters und Neuseelandeinwanderers Julius Haast zum Geologen, hinterlies Hochstetter einen würdigen und effektiven Nachfolger, der seine Arbeit langfristig sicherte und fortsetzte.

Die schönste und umfassendste online Darstellung Hochstetters Schaffens in Neuseeland findet sich in der Hochstetter Ausstellung der Bibliothek Auckland.

Wie es sich für einen europäischen Forschungsreisenden seiner Zeit gehörte, war Hochstetter universell wissenschaftlich interessiert, insbesondere in den Bereichen Botanik, Zoologie, Paläontologie und Ethnologie. Nachdem er bei Nelson ein paar Moa-Knochen gefunden hatte, war Hochstetter von dem ausgestorbenen Laufvogel so fasziniert, dass er Teile seiner persönlichen Fossilien- und Mineraliensammlung gegen ein vollständiges Moa-Skelett eintauschte, das er nach Wien schickte, wo es hoffentlich immer noch Staunen auslöst (obwohl ich es in online Katalogen nicht orten konnte). Hochstetters Tauschobjekte sind jedenfalls bis heute in Nelson und Wellington zu besichtigen.

Moa und Kiwi nach Hochstetter

Moa und Kiwi nach Hochstetter

Zu Hochstetters Ehren wurden später auch einige endemische Spezies benannt, am bekanntesten sicherlich der einzige aquatische Frosch Neuseelands „Hochstetters Frog“. Aber auch der Takahe und eine Art fleischfressende Riesenlandschnecke enthalten Hochstetter in ihren wissenschaftlichen Bezeichnungen.

Hochstetters Frosch

Hochstetters Frosch

Und das alles als Resultat einer Reise von nur 10 Monaten! Die Working Holidaymaker des Jahres 1859 waren aus anderem Holz geschnitzt als heutige 🙂

Trotzdem hoffe ich (noch) auf einen Hochstetter der Bauindustrie, der die Standards der neuseeländischen Häuser revolutioniert. Das Leben in Neuseeland könnte so viel angenehmer sein, wenn endlich ordentliche Häuser gebaut würden. Nochmal Kollege Hochstetter als Kronzeuge, anlässlich eines Besuchs im damals sehr deutsch geprägten Nelson:

„… On account of its beautiful site and its delightful climate, Nelson is justly considered one of the most pleasant places of sojourn in New Zealand.  The impression made by the snug little cottages, surrounded by beautiful gardens, is an extremely cheerful one. …“

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