SideTrack: Als Backpacker durch Neuseeland 2.0


Meine wie üblich tiefgründigen Betrachtungen zur Zukunft des Papierreiseführers (hier, da und dort) erfüllen sich auf dieser Webseite in Echtzeit. Der Artikel zur Adam Hutchinsons „CamperMate“ Wohnmobil-App fürs Smartphone ist in den wenigen Wochen in denen er online ist, öfter gelesen worden als die drei klassischen Reiseführer-Rezensionen von Baedeker, Dorling Kindersley und Michael Müller zusammen. Kein Wunder, dass Papiertiger wie der CEO des Verlagsgiganten Springer, ‚German angst‘ vor der digitalen Konkurrenz verbreiten – statt etwas fürs Millionengehalt zu tun und eigene, bessere Angebote zu schaffen.

Dass das im Kleinen durchaus geht, zeigt unser Landsmann Oliver Seiler, der erst seit 2008 in windy Wellington zu Hause ist, aber ganz ohne Milliardenkonzern im Hintergrund die erfolgreiche (> 12000 Downloads) Android-App „Nestfinder“ gebaut hat, die hilft naturnah und günstig durch Neuseeland zu reisen. Anders als Campermate ist Nestfinder eher für off-road Urlauber (Backpacker, Wanderer, Surfer etc) gedacht und technisch entsprechend ausgelegt, nämlich konsequent auf den offline Betrieb außerhalb der Reichweite von Sendemasten … obwohl Nestfinder auch eine motorisierte Klientel hat.

Nestfinder im Schnelldurchlauf:

Was für Schlafgelegenheiten findet Nestfinder?

Momentan umfasst die Nestfinder Datenbank 1600 Unterkünfte neuseelandweit, unter anderem:

YHA Jugendherbergen und BBH Hostels

Von der Naturschutzbehörde, Department of Conservation (DOC), betriebene Hütten, Zeltplätze und „Visitors‘ Center“

Die Lodges der altehrwürdigen Kiwi-Umweltschutzorganisation Forest and Bird.

i-Site Touristeninformationen, die sich meistens in den Städten und Dörfern befinden, nicht im flachen Land

Wie funktioniert Nestfinder prinzipiell?

Als klassische Android-App (NB: momentan ist noch keine Apple Version erhältlich), die Daten mit der App aus dem Google Playstore lädt, wenn die Möglichkeit dazu besteht, und diese dann eben per Such- und Filterfunktionen entsprechend anzeigt. Sprich, wenn Handyempfang vorhanden ist, synchronisiert die App die Daten aus der zentralen Datenbank über den Playstore auf das Smartphone. Die Daten sind damit so alt wie Eure letzte Synchronisation mit dem Playstore. Für die meisten Zwecke dürfte das völlig ausreichen, denn Hütten werden nicht eben mal versetzt oder geschlossen. Die Qualität prüft Oliver persönlich für jeden Datenpunkt nach, da – hmmm – Kiwis nicht immer die genauesten sind, wenn es um Zahlenfummelei geht und gerade für Wanderer exakte Daten sehr wichtig sind.

Übrigens: entlang der meisten gepflasterten Straßen Neuseelands mag es mit dem Netzempfang leidlich klappen, auf Wanderwegen – glaubt mir – aber nicht einmal in unmittelbarer Nähe von Auckland.

Wer Bedenken hat, dass es in Neuseeland mit der SIM klappt, kann sich natürlich schon daheim in Deutschland alle Daten laden. Allerdings ist es wirklich kinderleicht sich eine neuseeländische SIM zu kaufen und sich z.B Roaminggebühren zu sparen.

Ok, also um Nestfinder zu nutzen, muss das folgende passieren:

  • die App selbst über Google Play im Android-Smartphone installieren, inklusive der Daten zu den Unterkünften laden, übrigens nicht nur Längen- und Breitengrad, sondern auch Beschreibungen, Bewertungen durch andere Reisende, und mehr
  • das Kartenmaterial laden.
Nestfinder: Foto einer Hütte

Nestfinder: Foto einer Hütte

Sobald das geschafft ist, seid ihr völlig unabhängig von Sendemasten, Bandbreiten usw., denn alles Nötige für den Basisbetrieb befindet sich nun auf dem Smartphone.

Wie funktioniert Nestfinder praktisch?

Kompletter offline Betrieb, weder Handysignal, noch GPS Signal vorhanden: nehmt an, dass Ihr Euch auf irgendeinem Track irgendwo im tiefsten neuseeländischen Busch in einer Hütte befindet und wissen wollt, wo sich andere Wanderhütten in der Nähe befinden (der genaue Umkreis, z.B. 10 km ist einstellbar). Dann gebt ihr den Namen der Hütte ein, bei der Ihr Euch gerade befindet, und Nestfinder produziert eine Liste von Destinationen mit grober Richtungsangabe, siehe Bild.

Nestfinder: Nahziele mit grober Richtungsangabe

Nestfinder: Nahziele mit grober Richtungsangabe

Offline, aber GPS Signal vorhanden: ist ein viel nützlicheres und auch das wahrscheinlichste Szenario. Die Satellitensignale verorten Euch auf den digitalen Landkarten und ihr bekommt die nächsten Hütten so auch relativ zum aktuellen Standort mitten in der namenlosen Wildnis lokalisiert. Wenn ihr die Übung regelmäßig wiederholt findet ihr -prinzipiell (wir möchten das ausdrücklich nicht empfehlen) – auch ohne Wanderweg die nächste Hütte. Wenn man sich z.B verlaufen hat ist das ausgesprochen handlich. Wenn ihr die Wanderwege ebenfalls angezeigt bekommen möchtet, müsst ihr ein paar Euro für die Pro-Version (siehe unten) investieren.

Nestfinder: Points of Interest auf Karte

Nestfinder: Points of Interest auf Karte

Online: Hütten, die über Straßen (auch ungepflastert) zugänglich sind, können über die Navigationsfunktion von Google Maps wie mit einem Navi erreicht werden. Außerdem kann man per Knopfdruck auf den jeweiligen Standort in Google Earth springen und sich Fotos der Hütte oder Gegend ansehen, in die es gehen soll.

Was kann Nestfinder sonst?

Olivers App kann sich – wenn ihr Netzempfang habt – in die Buchungssysteme von DOC und YHA einwählen. Damit sind Preise und Verfügbarkeit ohne Umweg übers Internet direkt einzusehen und bei Gefallen sofort buchbar. Praktisch.

Nestfinder: im DOC Buchungssystem

Nestfinder: im DOC Buchungssystem

Nestfinder Pro, für einige Euro käuflich zu erwerben, enthält darüber hinaus die Topo 50 und 250 Karten für das gesamte Land inklusive der Chathams, auch im Paket als Vorab-Komplett-Download erhältlich.

Nestfinder Pro: Points of Interest auf topographischer Karte

Nestfinder Pro: Points of Interest auf topographischer Karte

Wer nutzt Nestfinder?

Bisher an die 12000 Neuseelandreisende. Die Hälfte davon Kiwis selbst und die andere Besucher aus Übersee. Da Nestfinder von Geburt aus auf deutsch und englisch zu haben ist, stellen die Deutschen das Gros in der Besuchergruppe, gefolgt von Australiern, Amerikanern und Engländern.

***

Alles was Recht ist, dafür, dass es diese App gratis gibt, kann sie mehr als genug um einen Download zu rechtfertigen. Im Google Playstore fällt übrigens die gute Bewertung der App auf, mehr als vier von fünf möglichen Sternen.

Wir bleiben mit Oliver in Kontakt und werden gelegentlich Updates zu Nestfinder posten.

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