SideTrack: Touristen vs. Gauner


Als ich unlängst den Artikel zur Kriminalität in Neuseeland schrieb, hatte ich nicht vermutet, was für einen Anklang er finden würde. Der Artikel erreicht im Moment die zweithöchsten Klickzahlen aller Artikel bei NZ2Go und arbeitet sich langsam aber sicher in der Rangliste der meistgelesenen Artikel hoch, obwohl er ein relativer Neuzugang ist. Auch in der Kommentarabteilung gab es eine rege Diskussion, vor allem weil man schnell bei den unangenehmen Fakten des Geschehens landet, sprich der überproportionalen Rolle, die die Nachfahren der Maori besonders bei Gewaltkriminalitätsdelikten spielen. Und das ist auf der emotionalen Richterskala ziemlich hoch angesiedelt … Wie auch immer, das Thema an sich interessiert, und ich vermute einfach deswegen, weil es sonst in der Neuseeland-Blogosphäre unter den Teppich gekehrt wird, es aber durchaus einen Informationsbedarf gibt.

Heute möchte ich auf eine Untergattung des Phänomens Kriminalität in Neuseeland eingehen, für die sich Stammleserin Jenny besonders interessierte, nämlich die an Touristen verübten Verbrechen.

Prinzipiell ein unappetitliches Thema. Und ein schwer zugängliches. Auf schriftliche Nachfrage hat mir die New Zealand Police mitgeteilt, dass in Neuseeland zu Straftaten an Touristen keine statistischen Daten geführt werden. Im Gegensatz zum Beispiel zu einigen australischen Bundesstaaten, die ihre Datenerhebungen dazu nutzen Besucher vor besonders wahrscheinlichen und gefährlichen Szenarien zu warnen. Das gibt für Neuseeland auch gleich einen Punktabzug: hat man etwas zu verheimlichen, oder warum gibt sich niemand die Mühe in der Polizei-Software ein Flag „Tourist“ zu setzen, aus dem man leicht ein Zahlenwerk ableiten könnte?

Also bin ich in dieser Angelegenheit auf „hearsay“, „anecdotal evidence“, kurz darauf angewiesen zu sieben was man so hört, und hier vor allem in Neuseelands führendem Nachrichtenmedium, dem New Zealand Herald. Schauen wir mal chronologisch was die Gazette für die letzten 12 Monate oder so hergibt:

Wie gesagt ein unrepräsentatives Sammelsurium. Einige der NZH-Artikel verweisen auf wieder andere Fälle, zu denen ich keine eigenständigen Meldungen finden konnte. Wir dürfen die Liste getrost als Spitze eines Eisbergs betrachten.

Was lernen wir daraus? Ein paar Muster fallen auf. Engländer scheinen eher in handgreifliche, alkoholisierte und peinliche Situationen verwickelt zu werden als deutsche Touristen, die offenbar gerne unvermittelt bis aufs letzte Hemd beklaut werden. Sind die Deutschen vielleicht zu naiv, wenn sie in Neuseeland herumfahren? Andererseits, mehr als einen Campervan absperren geht wohl auch nicht, und panzerverglaste wird sich nicht jeder leisten können, und jedes Mal alles mitnehmen, das einen Wert besitzt, ist unrealistisch.

Auf der Täterseite bemerken wir die Gewerbsmäßigkeit mit der gerade Autobrüche begangen werden – da scheint es regional ganze Industrien zu geben, und auch eine überzogene Rücksichtslosigkeit und Brutalität. Warum muss ein geplünderter Wagen auch noch abgebrannt werden? Warum müssen Bestohlene gedemütigt und verprügelt werden? Weswegen können Pässe (von Kleinkriminellen kaum zu Geld zu machen) nicht in der Nähe fallen gelassen werden, um den Beklauten die Scherereien zu ersparen sich einen neuen ausstellen zu lassen?

Die Geschichte mit der Vergewaltigung der kleinen Belgierin möchte ich gar nicht kommentieren. Die hat hier ziemliche Kreise gezogen, des Ekels. Man beachte aber das Umfeld in dem der Vergewaltiger aufwuchs, und denke an die Haupt-Message von verschrieenen ‚Nestbeschmutzern‘ wie Alan Duff in seinem berühmten und gelungen verfilmten Roman „Once Were Warriors„.

Mitnehmen kann man als prospektiver deutscher Tourist vielleicht, dass es Gegenden gibt – in Deutschland ’soziale Brennpunkte‘ genannt – die man hier besser meidet, dass Fahren per Anhalter eine ganz schlechte Idee ist, und dass man nicht unbedingt alles und jedes im Auto liegen lassen sollte, wenn irgend möglich. Was Dokumente angeht, hinterlegt wenigstens bei Google Docs, oder so, online Kopien. Die helfen im Ernstfall per Ausdruck schneller Ersatzdokumente ausgestellt zu bekommen.

Lasst Euch den Neuseelandurlaub trotzdem nicht vermiesen. Obwohl statistische Zahlen fehlen und damit Vergleichbarkeit unmöglich wird, ist ein Urlaub hier meines Erachtens keine Hochrisikoangelegenheit und allemal sicherer als in vielen anderen bei Deutschen beliebten Tourismuszielen. Glück auf!

***


3 Responses to SideTrack: Touristen vs. Gauner

  1. Jenny sagt:

    OMG, das mit dem Mädchen ist ja… da wird mir ganz schlecht, wenn ich an unsere Lütten im Campervan denke. Zum Glück waren sie nie nachts allein :-[

    Interessant wäre es ja jetzt, weiterzuforschen: In welchem Verhältnis steht die Kriminalität an Touristen zur „einheimischen“ Kriminalität, und wie ist es im Vergleich zu anderen Ländern wie eben Australien bestellt? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es da keine Studien gibt!?

    Deine nächste Recherche-Aufgabe lautet: Wie ist es denn mit der Zahl der Verkehrsunfälle, in die Touristen verwickelt sind? Ist es „gefährlich“, in NZ Auto zu fahren?

    Dankö… 😉

    • Peter sagt:

      Hi Jen

      „Studien“ … bestimmt, irgendwo eine Masters oder PhD Arbeit, o.ä … aber so ganz ohne Statistiken. Weiß nicht …

      Interessant wäre eigentlich auch der Reverse-Fall: wie kriminell sind eigentlich Touristen in NZ 🙂 ? Klauen im Backpackers scheint ein Problem zu sein, und dann noch so Vögel, die herkommen um seltene native Fauna abzusammeln, Geckos, Eier von Keas usw. Aber auch ein Exotikum das Ganze.

      Hast Du schon mal unseren „Fahren, Fahren, Fahren …“ Artikel gelesen? Da steht schon was zu Unfallstatistiken – glaube ich. Diskutiert wird das aber schon hier, die Unfallhäufigkeit von Touris, die gefühlt hoch liegt. Da kamen schon interessante Vorschläge hoch, wie Schnelllehrgänge bei der Einreise, natürlich gegen exorbitante Gebühren 🙂 … ein weites Feld. Ich schau mal, ob ich echte Statistiken finden kann.

      Frohe Weihnachten,
      Peter

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