Vor einigen Wochen hatte ich für euch das neuseeländische Punktesystem zur Einwanderung für Fachkräfte kurz und verständlich zusammengefasst. Heute möchte ich einen Schritt weiter ins Detail gehen und euch zeigen wie man einen effektiven Lebenslauf (Curriculum Vitae = CV) für den neuseeländischen Arbeitsmarkt zusammenstellt.
Auf der von der neuseeländischen Regierung betriebenen Careers Webseite gibt es zwar allerlei gute Ressourcen zum Thema Stellenbewerbung (wie – selbstverständlich – auch auf vielen kommerziellen Webseiten, etwa bei Seek), die man auch unbedingt durchsehen sollte, aber die Vorlagen und Beispiele für Lebensläufe sind zu einfach geraten. Wenn ihr euch als Farmarbeiter oder für andere eher einfache Tätigkeiten bewerben möchtet z.B. im Rahmen von Work & Travel, dann reichen simple CVs aus, wenn es um Arbeit in einem höher qualifizierten Beruf geht, eher nicht.
Die CV Vorlage, das ich im Lauf des Artikel erklären werde, ist ein neuseeländisches Original. Ihre Urversion stammt von einem neuseeländischen Studienfreund. Ich habe sie über die Jahre verfeinert und bei vielen Job- und Projektbewerbungen in Neuseeland und anderswo erfolgreich eingesetzt.
Lohnt sich ein eigener CV im Zeitalter von Internetjobportalen?
Ja. Zwar erwarten einige Portale oder Firmen, dass ihr Eure Bewerbungsdaten auf einer standardisierten Seite eintippt, was ärgerlich ist, weil ihr dann alles was im CV steht nochmal eingeben müsst. Andererseits gibt es meistens die Alternative euren Freistil-CV als PDF hochzuladen, oder – clever – die Bewerbungsseite liest eure Daten automatisiert vom PDF ins Bewerbungsformular. Wie auch immer, es ist nützlich einen umfassenden CV zu Hand zu haben, um sich nicht jedes Mal an die Einzelheiten erinnern zu müssen und das Abfassen eines CV zwingt euch strukturiert über eure Karriere nachzudenken und sie im besten Licht zu präsentieren. Standardisierte online-Bewerbungsformulare sind außerdem oft unflexibel, vor allem, wenn ihr auf ein etwas bunteres Leben zurückblicken könnt oder Eure Daten nicht Neuseeland-kompatibel sind, z.B wegen deutscher Adressformate.
Ein selbst erstellter CV wenigstens als Backup ist natürlich auch für Bewerbungen bei kleineren Firmen, die noch altmodisch Bewerbungen per email oder gar Papier annehmen nützlich, oder für Unternehmen die ihr „unsolicited“ anschreibt, d.h. bei denen ihr nicht auf Stellenausschreibungen reagiert, sondern es auf gut Glück versucht.
Unser Modellleben lief zur Orientierung wie folgt ab
- 1992 – 2005: Gymnasium
- 2006 – 2013: Studium (Bachelor, Master, Promotion)
- 2014 – 2015: Job bei erstem Arbeitgeber
- Seit 2015: derzeitiger Arbeitgeber.
Ich habe in der Vorlage abwechselnd Platzhalter der Form „XXX“ o.ä benutzt oder auf konkrete, aber fiktive Beispiele zurückgegriffen, je nachdem was im vorliegenden Kontext gerade verständlicher erschien. Ein Lebenslauf ist kein Hexenwerk und seine Gliederung im Grunde offensichtlich:
- Header = Kopfzeilen mit euren persönlichen Kerndaten
- Geburtsdatum ist unnötig und unüblich, wegen der strengen Gesetzgebung zur Altersdiskriminierung
- Passfotos sind unüblich
- „Marital Status“, also Familienstand und Anzahl der Kinder könnt ihr anfügen, wenn Euch das gefällt
- Employment = Arbeitserfahrung
- Umgekehrt chronologisch anordnen, wie alles andere, also je aktueller desto weiter oben
- Wenn es zu lang wird, die ältesten und unwichtigsten Jobs weglassen
- Die Workloads müssen sich nicht auf 100% summieren; konzentriert Euch auf das Wichtigste und beweist, dass ihr euch kurz, bündig, treffend und in sauberem englisch ausdrücken könnt 👿
- Education & Training = Ausbildung
- Der letzte nicht-universitäre Abschluss reicht, zum Beispiel das Gymnasium
- In-Service Training: Lehrgänge und Weiterbildungen während einer Berufstätigkeit nicht vergessen
- Computing = Computerkenntnisse
- Sowas ist heutzutage einfach wichtig, auch wenn Mainstream Beispiel-CVs IT Kenntnisse meistens nicht als expliziten Abschnitt enthalten, sondern hier und da in anderen Teiles des CV verstreut präsentieren
- Awards & Distinctions = Auszeichnungen
- Wenn ihr keine Preise oder ähnliches für irgendwelche Heldentaten gewonnen habt, dann tun andere „Achievements“ auch. In dieser Rubrik irgendetwas zu haben ist wertvoll, weil die meisten es eben nicht tun 🙂
- Print/Digital Publications = Veröffentlichungen
- Artikel, Bücher, Konferenzbeiträge usw. beeindrucken selbstverständlich.
- Patents = Patente
- Ich habe mich an das Format der US Patent and Trademark Office gehalten; bei der European Patent Office, oder nationalen Patentbehörden sehen sie natürlich anders aus. Wichtig ist es beim Status ehrlich zu sein, also ob das Patent tatsächlich schon angenommen und veröffentlicht wurde, in Bearbeitung ist oder gerade erst eingereicht wurde. So etwas kann man in wenigen Minuten verifizieren.
- Languages = Sprachkenntnisse
- Ehrlichkeit ist auch hier wichtig, da im Vorstellungsgespräch relativ leicht überprüfbar
- References = Gutachter
- Es ist in Neuseeland üblich zwei bis vier Ansprechpartner, die etwas zu euren früheren oder derzeitigen Arbeitsleistungen, eurer Persönlichkeit usw. sagen können anzugeben. Normalerweise werden diese nach einem erfolgreichen Bewerbungsgespräch kontaktiert, heutzutage oft per Telefon. Dieses Vorgehen ersetzt die in Deutschland bekannten Arbeits- und Zwischenzeugnisse. Ihr müsst eure potentiellen Referees natürlich vorher um ihr Einverständnis bitten in dieser Rolle zu fungieren. Wenn es euch schaden könnte, dass euer derzeitiger Chef weiß, dass ihr anderswo einen Job sucht, dann lasst dessen Kontaktdaten weg und erklärt die Situation während des Vorstellungsgesprächs. Das gleiche gilt, wenn ihr mit einem ehemaligen Chef nicht ausgekommen seid und ihn oder sie nicht als Referee nennen möchtet. In Neuseeland wird so etwas akzeptiert.
- Personal Interests = Hobbies etc
- Ich habe noch keine Einstellungskampagne mitgemacht, bei der ich als Rekrutierender besonders auf diese Rubrik geachtet hätte oder bei der ich als Bewerber danach gefragt worden wäre. Trotzdem taucht dieser Punkt in vielen Vorlagen auf. Es schadet wohl nicht ein paar Zeilen dazu zu schreiben, besonders wenn es sich um ungewöhnliche Aktivitäten handelt. Vielleicht reicht auch ein Verweis auf eine FB oder LinkedIn Profil, siehe unten.
- Statt, oder zusätzlich zu den Personal Interests könnt ihr noch einen Punkt „Social Responsibility“ einfügen, wenn ihr Euch irgendwie sozial engagiert habt. Sowas kommt oft gut an, auch wenn ich es persönlich für wenig aussagekräftig halte.
Zum Stil
In einem Lebenslauf gibt es kaum zusammenhängenden Text. Dennoch ist es wichtig, dass ihr beim Abfassen z.B. der Tätigkeitsbeschreibungen in früheren Jobs, einige Grundregeln beherzigt, um euren CV gut lesbar, interessant und besonders zu machen. Habt Mitgefühl mit den Leuten, die Dutzende dieser Machwerke lesen müssen. Langweilt sie nicht mit den immer selben Phrasen und Geschichten.
Benutzt eine aktive, lebendige Sprache. Der Passiv als grammatikalische Form geht gar nicht, also z.B. „a project was managed“, denn dabei bleibt offen wer überhaupt etwas gemacht hat. „I managed a project implementing a new XYZ software version“ klingt besser und vor allem konkret. Ganz allgemein sind Beispiele sehr wertvoll. Forsche Macherverben runden das Bild ab – eine nützliche Liste findet ihr hier.
Headhunter und Soziale Medien nicht vergessen
Meistens melden sich Headhunter, also Personalvermittler, bei euch und nicht umgekehrt. Heutzutage recherchieren sie oft die üblichen sozialen Medien um euch auf die Spur zu kommen. Wenn ihr gefunden werden wollt, vergesst nicht entsprechende Schlüsselbegriffe zu platzieren und eine Profilvariante auch auf Englisch zu pflegen. Zumindest Teile des CV den ihr vielleicht gerade schreibt, kann dort natürlich gut angebracht werden.
Wer trotzdem nicht gefunden wird kann sich auch an die üblichen Verdächtigen wenden, zum Beispiel Robert Half New Zealand oder Absolute IT und viele, viele mehr. Neuseeland hat einen typischen angelsächsischen also gut ausgebauten Dienstleistungssektor.
Last but not least: Handwerkliches
Es ist fast peinlich es zu schreiben, aber stellt z.B. in euerem MS Word den Spell Checker auf English (New Zealand) ein, Review -> Language -> Set Proofing Language und lasst den Lebenslauf nach Möglichkeit von einer anderen Person auf Inhalt und Rechtschreibung gegenlesen. Rechtschreibfehler wirken schlampig und schwach, geradezu unverschämt.
Formale Konsistenz ist das Kennzeichen eines solide geschriebenen Lebenslaufs, d.h. verwendet Schrifttypen und -größen einheitlich, genauso wie Einrückungen, Punktuation und andere visuelle Elemente.
Geht mit Farben sparsam um. Wenn überhaupt, dann nur gedeckte Farbtöne benutzen. Das Gleiche gilt für Schrifttypen. Mein Beispiel enthält nur einen, plus ein paar Variationen wie fett und größer für Überschriften und ein paar Kapitälchen.
Konvertiert den fertigen Lebenslauf in was auch immer der Wunscharbeitgeber will. Ansonsten ist PDF ein schönes und stabiles Format. PDFs sind meistens, was Anzahl an Bytes betrifft, kleiner und es gibt weniger Kompatibilitätsprobleme als z.B. bei verschiedenen Word-Versionen.
Als Format für das Datum, wenn es ein volles Datum ist, benutze ich den Standard der australischen Regierung, also z.B „1 January 2016“, kein Punkt hinter dem Tag. Aber egal wie, benutzt durchgängig ein einheitliches Format.
Macht längere Zahlenreihen wie Telefonnummern besser lesbar, indem ihr sie in Blöcken von 3 oder 4 mit Leerzeichen dazwischen gruppiert. Als internationale Vorwahl verwendet immer das „+“, da es von überall aus funktioniert.
Eure Email Adresse sollte sich nicht irgendwie schräg anhören, also Sachen wie glamourgirl251@web.de. Anbieter wie hotmail, yahoo oder t-online sind total out und lassen euch altmodisch ansehen. Wenn nötig, legt eine neue Email Adresse bei einem momentan angesagten Provider an, gmail, web.de usw. z.B. also Vorname.Nachname@provider.com.
Keine Smileys etc. benutzen. Euren Humor könnt ihr noch während des Vorstellungsgesprächs unter Beweis stellen.
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In den nächsten Teilen der Miniserie zum Fußfassen in Neuseeland werde ich mich mit dem Anschreiben beschäftigen, das man einem möglichen Arbeitgeber meistens zusammen mit dem CV aushändigt und natürlich mit dem allseits populären Vorstellungsgespräch, per Telefon, VC oder in Person.
Wer Fragen zum hier besprochenen Lebenslauf hat, kann sich gerne melden. Wer gar Interesse an einem Finetuning seines fertigen CV hat auch.
Hi Peter,
bin gerade am CV für Job in Auckland basteln und habe befreundete Kiwis um Korrekturlesen gebeten. Der erste Einwand von ihnen war, dass man Nationalität und Geburtsort nicht mehr im CV hat, wegen Diskriminierung und weil unnötig. Siehst du das ähnlich, und ist es irgendwie nachteilig, sich quasi gleich in der ersten Zeile als Ausländer zu outen? Ansonsten hätte ich eher gedacht, dass „Deutschsein“ evtl. ja sogar ein Vorteil, keinesfalls aber ein Nachteil sein muss. Kann das natürlich auch einfach weglassen, aus meinem CV wird eigentlich eh klar dass ich Deutscher sein müsste.
Beste Grüße und vielen Dank (für alles hier, die Infos sind Gold wert für mich als Neu-Aus/Einwanderer!
Tim
Hi Tim
Also dass Du kein Kiwi bist, kommt ja sowieso ziemlich schnell an die Oberfläche und da „Deutschsein“ eher ein Wettbewerbsvorteil ist, würde ich es auch drinlassen.
Außer Du hast schon länger in Neuseeland gelebt, hast eine neuseeländische Adresse usw. dann kannst Du das mit Staatsangehörigkeit und Geburtsort auch weglassen.
Viel Glück, Peter